Mittwoch, 30. November 2011

Naziterror - eine Gesellschaft versagt

Jahrzehnte hat man, nach dem Motto, „was nicht sein darf, das nicht sein kann“, den latenten Rechtsradikalismus in Deutschland verschwiegen. Jetzt bekommt die Gesellschaft für diese Verhalten die Quittung.


Bundesarchiv, Bild 102-08570 CC-BY-SA [CC-BY-SA-3.0-de
Waffenfunde 1929: Wie sich die Bilder doch gleichen.
Eines hatten alle Verfassungsschutzberichte der letzten 10 Jahre gemeinsam, die Feststellung, es gäbe keine feststellbaren rechtsradikalen Terrorstrukturen. So klar, wie falsch und doch nicht verwunderlich.



Betrachtet man die jüngere deutsche Geschichte, so wird schnell Klar. Eine wirkliche, sinnvolle Vergangenheitsbewältigung fand in Deutschland nie statt. Nach dem zweiten Weltkrieg stellten die Westmächte fest, die Idee, Deutschland in die Steinzeit zu bomben, war nicht so gut. Immerhin man brauchte es, der Kommunismus drohte. Nachdem also die die Obernazis abgeurteilt waren, ging man daran, Deutschland als Verbündeten wieder aufzubauen.



Dazu griff man auf althergebrachte Strukturen zurück. Flugs entnazifizierte man die Schlüsselfiguren des alten Systems und setzte sie wieder ein. Legislative, Exekutive und Judikative wurden von den gleichen Personen wieder aufgebaut, die vorher im Naziregime willfährig ihren Dienst versahen.



Die Wiedereinsetzung dieser Personen geschah nicht aus freiem Willen, sondern aus purer Notwendigkeit heraus. War doch die deutsche Intelligenz entweder im KZ umgekommen oder dem System verbunden. Der Grund warum aus braunen Massenmördern innerhalb kurzer Zeit lupenreine Demokraten wurden, war nicht der Gesinnungswandel. Es lag in der erstaunlichen Anpassungsfähigkeit dieser Personen.



Deutschland entwickelte sich zum Musterschüler, die Wirtschaft florierte, die Nazis traten nicht in Erscheinung, und wenn, war der Spuk schnell vorbei. Dann kamen die 68er. Eine ganze Generation fragte ihre Eltern, wie sie es mit dem Faschismus hielten. Das war natürlich unangenehm. Aber auch damit kam man gut zu Rande. Den linken Terror bekämpfte das System mit einer Vehemenz, wie eh und je. Und alles war gut.



Da, wie eingangs erwähnt, nicht kein kann, was nicht sein darf, wurde der Rechtsradikalismus in der Öffentlichkeit geleugnet. Deutschland hatte Jahrzehnte keine Probleme mit Rechtsradikalen, obwohl Asylantenheime brannten, Dönerbudenbetreiber hingerichtet wurden und ganze Gegenden als „ausländerfrei“ deklariert wurden.



Und nun so was, die weiße Weste hat einen dicken braunen Fleck bekommen. Nicht verwunderlich. In anderen europäischen Staaten sitzen die Rechtsradikalen im Parlament, sie treten offen auf und haben eine signifikante Anhängerschaft. Nur im geläuterten Deutschland soll Alles anders sein? Wohl kaum!



In aller Offenheit vernetzten sich die braunen Strukturen, ignoriert von Staat und Behörden, unterstützt vom Verfassungsschutz. Die Blindheit unseres Staates geht so weit, dass man zwar in den letzten beiden Jahren 811 Mal Waffen in der Szene fand, sich aber weiter nichts dabei gedacht hat. Immerhin, durchschnittlich mehr als einmal täglich, wurden bei irgendeinem Nazi Waffen gefunden und keiner dachte sich was dabei.



Derzeit geht das Gerücht, selbst ein Mitglied der Mörderbande hätte als V-Frau für den Verfassungsschutz gearbeitet. Das ist, bei aller Zurückhaltung, eine Bankrotterklärung des Verfassungsschutzes.



Werden wir uns endlich der Tatsache bewusst, dass es in Deutschland auch nach dem Dritten Reich und nach der Entnazifizierung rechtsradikales Gedankengut in der Mitte unserer Gesellschaft gibt. Das ist leider normal und, an sich, nicht schlimm. Schlimm ist das Leugnen und die fehlende Bereitschaft sich offen auseinander zu setzen. Schlimm ist die Kapitulation des Staates vor sozialen Problemen, die erst den Raum schaffen für braunes Gedankengut.

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