Mittwoch, 23. November 2011

Naziterror in Deutschland

Zehn Menschen mussten sterben, bis der deutsche Staat endlich eine Terrorgefahr von Rechts erkennt. Während die Politik sich nun in blindem Aktionismus übt, bleibt zu bezweifeln, ob das Übel an der Wurzel gepackt werden kann.



Fahndungsaufruf aus den neunziger Jahren
Was zunächst als einfacher Bankraub aussah, entpuppte sich kurz darauf als größter Skandal der jüngeren deutschen Justizgeschichte.



Der Nationalsozialistische Untergrund



Bereits vor 1998 gründeten drei Mittzwanziger aus Thüringen eine Vereinigung mit Namen Nationalsozialistischer Untergrund(NSU), mit dem Zweck "vor allem Mitbürger ausländischer Herkunft zu töten". Im Gleichen Jahr schaffte es die Gruppierung im thüringischen Verfassungsschutzbericht erwähnt zu werden. Die drei Thüringer waren Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe. Es gelang Ihnen, sich nach einer Razzia, bei der mehrere Rohrbomben, ein beachtliches Waffenarsenal und 1,4 kg TNT entdeckt wurden, abzusetzen und fortan 13 Jahre unerkannt in Deutschland zu leben und zu morden.



Das Trio tauchte lediglich 70 km von Jena entfernt, in Zwickau, unter und zog von 2000 bis 2007 eine blutige Spur von 10 Morden durch Deutschland. Das Alles gelang den Drei, obwohl sie zum Zeitpunkt des Untertauchens unter der Überwachung des Verfassungsschutz standen. Über all die Jahre hatte das Trio immer noch Kontakte, in die von V-Leuten durchzogene Neonazi Szene.



Da nicht sein kann, was nicht sein darf!



Erst kürzlich stellte Innenminister Friedrich den Verfassungsschutzbericht 2010 vor, der so konsequent, wie falsch feststellte, dass in Deutschland keine terroristischen Strukturen in der rechten Szene feststellbar seien. Die gleiche Feststellung in jedem Bericht der letzten 10 Jahre. Etwas Anderes durfte ja auch nicht sein, wie sollte sonst der massive Einsatz von V-Leuten in der rechten Szene erklärt werden.



Folgerichtig machten die Ermittlungsbehörden bei den so genannten Dönermorden sich nicht die Mühe, überhaupt in diese Richtung zu ermitteln. Lieber wurden die Angehörigen der Opfer unter Generalverdacht gestellt. Da rechter Terror in unserem Land nicht vorkommt, wurde der Täter in den Reihen der Opfer selbst gesucht und, zum Glück, nicht gefunden.



Nun lassen sich dummerweise Böhnhardt und Mundlos bei ihrem dreizehnten Banküberfall erwischen und richten sich selbst mit den Tatwaffen aus einem Polizistenmord in Heilbronn. Damit haben sie die deutschen Behörden mal eben bis auf die Knochen blamiert.



Es besteht Klärungsbedarf



Dem gemeinen Staatsbürger drängen sich spontan einige Fragen auf:



Wie kann es sein, dass drei Personen, die unter der Überwachung des Verfassungsschutzes stehen, mal eben so untertauchen können, nachdem ihr Waffenarsenal ausgehoben wurde? Wie kann es sein, dass sie dazu nur über die nächste Landesgrenze fahren mussten?



Der naive Staatsbürger dachte eigentlich, dass Sprengstoff- und Waffenfunde ausreichen sollten, um die Besitzer zu verhaften.



Merkwürdig ist auch, warum sich nun ehemalige V-Leute melden, die schon Ende der neunziger Jahre vor einer Braunen Armee Fraktion gewarnt haben und nicht ernst genommen wurden. Wozu bezahlt man die dann?



Reaktionen



Ein ungeheuerlicher Skandal aus, bestenfalls, Inkompetenz, Ignoranz und Faulheit tut sich auf. Und das ist nur die positive Lesart. Böswillige Zeitgenossen unterstellen dem deutschen Behörden eine stark fortgeschrittene Sehschwäche auf dem rechten Auge.



Und die Politik reagiert wie immer. Blinder Aktionismus, populistische Forderungen und die Schuldigen suchen.



Nachdem die Angehörigen der Opfer der Dönermorde fast ein Jahrzehnt kriminalisiert wurden, gibt sich nun die politische Prominenz die Klinke in die Hand. Der Bundestag entschuldigt sich für die falschen Verdächtigungen und die unerträglichen Pannen. Die Regierung versucht sich mit 10.000 Euro pro Totem freizukaufen.



Und sonst? Schnell wurde der Ruf nach einer Erweiterung der Kompetenzen der Anti-Terror Behörde in Berlin laut. Wohl wissend, dass die genug Kompetenzen hat, nur für rechten Terror sich nicht zuständig wähnte. Wir erinnern uns, der Verfassungsschutzbericht stellte ja auch fest, es gibt keinen rechten Terror.



Und der Ruf nach einem Verbot der NPD wird wieder lauter, obwohl alle Beteiligten wissen, so lange ein großer Anteil der NPD-Führung aus V-Leuten besteht, ist an ein solches Verbot nicht zu denken. Der Staat müsse sich aus der NPD zurückziehen. Wer wolle das Risiko denn eingehen, eine NPD ohne V-Leute, wurde gefragt. Da sei, doch folgende Frage erlaubt: Kanns denn überhaupt noch schlimmer werden?



Hinzu kommt, dass mit einem Verbot der NPD das Problem beseitigt wird. Radikalismus bekämpft man nicht durch Verbote, Radikalismus bekämpft man mit den besseren Argumenten. Wenn es möglich ist, dass sich eine rechte Terrorzelle über Jahre im Untergrund mitten in Deutschland bewegen konnte, dann konnte dies nur mit einer breiten Unterstützung aus der Bevölkerung geschehen. Und das bedeutet im Umkehrschluss das braune Gedankengut ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen.



Und nun, was tun?



Wenn Kanzlerin Angela Merkel am 23. November 2011 feststellt, dass die Neonazi Mordserie ein Anschlag auf die deutsche Demokratie ist, dann hat sie damit zweifelsohne recht. Wenn allerdings die Konsequenz aus dieser Feststellung ist, weiter zu machen, wie bisher, dann ist dies traurig.



Die Verantwortung für den braunen Terror trägt die Politik. Wer sich damit abfindet, dass ganze Regionen in Deutschland verarmen und veröden, der muss sich nicht wundern, wenn die Menschen dort ihr Heil im extremistischen Gedankengut suchen. Wenn es der NPD möglich ist, mit einem Kinderfest in Stralsund auf Stimmenfang zu gehen, dann muss sich die Politik vorwerfen lassen, ihre Hausaufgaben nicht gemacht zu haben. Dann die NPD zu verbieten, ist zu kurz gegriffen.



Es gibt in Deutschland Gegenden, da hat sich der Bürger vom Staat entfernt. Das hat er aber nur gemacht, weil der Staat ihm im Regen stehen lies. Also bitte lieber Staat, bewege dich auf deine Bürger zu. Das ist dein Job!

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